INTERVIEW

«Demokratie ist kein Naturgesetz.»

Eva Spreitzhofer ist es in ihren Komödien ein Anliegen, die Menschen im Kino gemeinsam darüber lachen zu lassen, wo’s der Gesellschaft weh tut. Und die Anlässe haben sich vervielfacht: Erderwärmung, Coronaleugnung, Social-Media-Sucht, Transgenderdiskussion... Die Filmemacherin hat Wandas Patchworkfamilie aus Womit haben wir das verdient? ebenso erweitert wie die komplexe öffentliche Debattenlage und lässt in WIE KOMMEN WIR DA WIEDER RAUS? einen Weihnachtsabend lang die ideologischen Funken sprühen und doch ein gemeinsames Fest feiern.  
 
 
 
WIE KOMMEN WIR DA WIEDER RAUS? spielt in einer Patchwork-Familie und auch seine thematische Grundlage ist ein Patchwork aus Corona, Ernährungsweisen, Gender & Diversity, Social Media, Bitcoin-Wirtschaft, Klimawandel und dem fast altmodischen Thema Paarbeziehung. War es gerade diese aktuell sehr komplexe Themenlage selbst, die Grundthema und Ausgangssituation für diesen Film gebildet hat?
 
EVA SPREITZHOFER:
Genau darum ging es mir: Nicht um ein einzelnes Thema, sondern um den Umstand, dass wir mit der Fülle der Themen komplett überfordert sind. Zu wissen, dass jedes einzelne Thema komplexe Lösungen verlangt und nicht einfach verschwindet, indem wir behaupten, es sei gar nicht da. Das gilt für die Pandemie, für den menschengemachten Klimawandel, für den Überfall Russlands auf die Ukraine, für den Nahostkonflikt, für die gendergerechte Sprache. Die Welt ist im Wandel, nichts ist mehr wie früher und wir werden von Informationen überschwemmt und müssen auch noch auseinanderhalten, was Fakten sind und was einfach irgendwelches Gequagel.  Seit der Pandemie hat sich die Ungläubigkeit der Wissenschaft und generell Fakten gegenüber noch mehr verstärkt. Menschen lassen sich und vor allem ihre Kinder nicht mehr gegen Krankheiten impfen, die ausgerottet sein könnten und jetzt auf einmal wieder Todesfälle verursachen. Menschen kleben sich auf die Straße, um Klimaziele zu erzwingen, die eigentlich Gesetz sind und werden dafür eingesperrt. Rechte Parteien demonstrieren für die Meinungsfreiheit, die sie sofort einschränken sobald sie an der Macht sind. Die Fülle der Themen, die nach einer langen Periode des Friedens und des Glücks gerade auf uns einprasseln, war der Grund, weshalb ich diesen Film machen wollte. Ich wollte all die Themen, bei denen sich alle gerade in die Haare kriegen, komödiantisch erzählen, so wie beim Kopftuchthema in Womit haben wir das verdient?.
 
 
Wie bekommt man eine so dichte Themenlage in zielgerichtete Bahnen für ein Drehbuch?
 
EVA SPREITZHOFER:
Wie bei allen Themen habe ich zunächst extrem viel recherchiert und mit Menschen geredet, die sich mit diesen Themen beschäftigen. Dann erst beginnt die Drehbucharbeit mit der Überlegung, was will ich zuspitzen oder künstlerisch verändern? Der große Unterschied bei diesem Film war der, dass ich noch mehr recherchieren musste als sonst, weil ich ja in allen Themen firm sein musste.
Dann habe ich mir die Figuren angesehen und überlegt, wer welche Meinung vertreten könnte, damit der Konflikt am größten wird und auch alle Richtungen vertreten sind. Sowohl bei Dramen als auch bei Komödien ist ja immer der Konflikt das Wichtigste. Den Figuren sollte möglichst immer das passieren, was für sie am Schlimmsten ist, dann ist es am Dramatischsten und auch am Komischsten – jedenfalls beim Zuschauen.
 
 
Wann hat es sich ergeben, dass der Weihnachtsabend das optimale Setting für diese Kollision der Weltanschauungen ist?
 
EVA SPREITZHOFER:
Ich hatte das Gefühl, dass die Erfahrung des Klaustrophobischen, die wir in der Pandemie kennengelernt haben, eine gute Möglichkeit ist, etwas über den Umgang mit Konflikten zu erzählen. Und Weihnachten ist ja eine sehr klaustrophobische Situation, wo man mit Leuten einen Abend lang zusammengesperrt ist, die man sich meistens nicht ausschließlich selbst ausgesucht hat. Alle haben unterschiedliche Meinungen, Bedürfnisse und Erwartungen und müssen irgendwie damit umgehen. Und genauso ist es auf der Welt ja auch: Wir sind alle gleichzeitig da, haben einander nicht ausgesucht, haben manchmal gleiche und manchmal völlig unterschiedliche Bedürfnisse und Erwartungen und müssen irgendwie damit umgehen. Und zu Weihnachten kommt dann noch so ein Harmonieanspruch dazu, der alles noch verschlimmert, der es noch komischer macht und den wir alle auch sehr gut kennen. Mir schien ein Weihnachtsabend eine gute Gelegenheit, ein komödiantisches Brennglas auf die Welt zu halten und eine gute Möglichkeit, im Kleinen zu erzählen, was im Großen los ist.
 
 
WIE KOMMEN WIR DA WIEDER RAUS ist eine Wiederbegegnung mit einer Familie, die man zum Teil aus Ihrem Publikumserfolg Womit haben wir das verdient? kennt und es gibt einige neue Figuren. Gab es grundsätzliche Überlegungen zur Frage, ein Sequel zu machen? Wie wichtig war der Generationenaspekt für diese Streitlage?
 
EVA SPREITZHOFER:
Klima, Transgender, Corona – bei all diesen Themen ist die Generationenfrage eine ganz wichtige. Die einen sagen, Wir hätten es gern so wie früher, die andern sagen, Ihr habt alles kaputt gemacht und beide Parteien sagen, Wir wissen, wie es geht und ihr nicht. Schon als ich mit Womit haben wir das verdient? auf Kinotour war, habe ich von vielen Leuten die Rückmeldung bekommen, dass sie gerne wissen würden, wie es mit und in dieser Familie weitergeht. Mir hat diese Überlegung auch Spaß gemacht, es war mir aber klar, dass ich für einen Kinofilm wieder ein Thema brauchte, das politisch ähnlich relevant ist; es ist eben keine Fernsehserie, wo man einfach die Familie weitererzählt. Ein Kinofilm muss auch allein dastehen und auch für jene funktionieren, die Womit haben wir das verdient? nicht gesehen haben. Während Corona hatte ich dann ganz stark das Bedürfnis, aus dieser Zeit muss man eine Komödie machen. Und da es in der Grundkonstellation des ersten Films, eine Ärztin, einen Arzt, einen Künstler und eine Krankenschwester gab, die sich nicht erst seit Corona mit Glaubensthemen beschäftigt hat, hielt ich es für das perfekte Setting. Dazu die Kinder, die politisch interessiert, aber auch sehr unterschiedlich sind. Weil ich nicht zu tagesaktuell werden wollte und mich ja an Corona auch all das interessiert hat, was neben der Bekämpfung des Virus passiert ist, habe ich mich mit den Mechanismen beschäftigt, die so eine existenzielle, globale Katastrophe auslöst. Das schon vor Corona erschienene Buch 1918 – Die Welt im Fieber von Laura Spinney behandelt die Spanische Grippe und belegt, dass die Auswirkungen damals genau gleich waren – Leugnen, Angst und Ärger, die sich in Wut gegen wissenschaftlich empfohlene Maßnahmen umwandeln … und genau das spielt eben auch bei den Themen Klimakatastrophe und Transgender eine große Rolle.
 
 
Um welche Figuren hat sich die Familie erweitert?
 
EVA SPREITZHOFER:
Für mich stand fest, wenn ich über Transgender erzählen möchte, möchte ich das mit jemandem machen, der sich das nicht nur von außen aneignet. Ich habe während der Recherche Felix Rank kennen gelernt und die Rolle des Edgar dann auch für ihn geschrieben. Weil Sissy in Womit haben wir das verdient? ja schwanger war, brauchten wir ein Kind. Cosima, die Tochter von Hilde Dalik und Michael Ostrowski war perfekt dafür. Das war produktionstechnisch natürlich toll und mit Michi wollte ich ohnehin immer schon arbeiten. So habe ich für ihn die Rolle des machistischen, unkonventionellen Bruders von Tony erfunden, der sehr gute Ideen hat, die aber leider nie zum Erfolg führen. Malarina habe ich auf der Bühne gesehen, als sie als Kabarettistin noch nicht so bekannt war wie heute und ich war sofort schockverliebt in ihre Art zu spielen. Zunächst hatte ich sie als Pflegerin von Wandas Vater im Sinn. Es hat sich dann aber herauskristallisiert, dass ich eine Person brauchte, die nicht mitfeiern darf. Das war eben Wandas Vater, der Corona-Demos organisierte. Irgendwo musste eine klare Grenze gezogen werden. Das durfte aber keine Figur sein, der das Publikum vom ersten Teil nahe war. Ich wollte einfach eine Figur haben, wo die Familie klar sagt, Stop! Wer mit Rechtsradikalen demonstriert, kann nicht mit uns gemeinsam Weihnachten feiern. Man kann mit Leuten diskutieren, nach einem Weg suchen, den man gemeinsam gehen kann, aber Rechtsradikale haben immer Interessen, die gegen die Demokratie, gegen die Aufklärung, gegen Humanismus und gegen uns alle gehen. Mit denen demonstriert man nicht. Wer das tut, muss Konsequenzen tragen. Daher sieht man Wandas Vater nur zu Beginn und am Ende und so wurde Malarinas Rolle Ivana die neue Freundin von Ostrowskis Rolle Peter. Dass Walter Sittler die Rolle des Vaters als Gast übernommen hat, war auch ganz wunderbar.
 
 
Eine Vorgabe für den Weihnachtsabend ist, dass Corona als Gesprächsthema tabu ist. Eigentlich gibt es an diesem Abend aber jede Menge Tabuthemen. Ist es ein Symptom der aktuellen Zeit, dass so viele Themen gleich zum Streitthema werden und auch Ausschluss als Konsequenz mit sich ziehen. Wie sehen Sie diesen Mechanismus?
 
EVA SPREITZHOFER:
Einerseits ist es schon eine ziemlich gute Idee, dass wir nicht mehr alle Minderheiten oder Außenseiter:innen verspotten wie früher, wo von Brillenschlange bis Tschusch und Mohrenkopf einfach alles selbstverständlich ausgesprochen werden konnte, was andere extrem gekränkt hat. Gleichzeitig ist es schrecklich, wenn auf Universitäten bestimmte Themen nicht mehr diskutiert werden, sondern bekämpft. Dass es so schnell bei so vielen Themen zum Streit kommt, hat sicher auch viel mit Social Media zu tun, weil vieles so verkürzt wird. Es wird also über und mit Schlagwörtern gestritten. Wir leben in einer Zeit, wo alles wahnsinnig schnell geht und gehen muss, wo man nicht jahrelang studiert, sich tiefgreifend mit etwas auseinandersetzt und gescheiter wird. Sondern man geht möglichst schnell auf eine FH, lernt nur das, was man im Beruf braucht, und steigt möglichst schnell in einen Beruf ein. Man ist auf einen Teilbereich sehr fokussiert, bei dem es nur ums persönliche Weiterkommen geht, nicht um intellektuelle Auseinandersetzung. Das ist natürlich für Diskussionen recht schwierig. Wie in Beziehungen ist es auch in der Politik schwierig, Kompromisse zu machen. Ohne sie geht es aber nicht. Immer mehr Menschen haben das Gefühl „die Politik“ sei ablehnenswert und sehen nicht, dass wir alle als Teil dieser Demokratie dafür verantwortlich sind, was passiert und dass Menschen in der Politik ihren Job gut oder schlecht machen können, aber sich jede/r von uns engagieren sollte. Demokratie ist kein Naturgesetz, sondern etwas, wofür wir uns täglich einsetzen müssen. Ich denke, es ist auch die Haltung abhandengekommen, dass man erst dann den Mund laut aufmachen sollte, wenn man sich ein bisschen auskennt. Die Tendenz, dass alle gleich mal losschreien, ist problematisch. Im Moment wo ich demonstrieren gehe, sollte ich mehr wissen, als Wie schwinge ich eine Fahne?
 
 
Liegt eine Ursache in dieser konfliktuellen Situation darin, dass sich durch Social Media die Informationsversorgung aufgesplittet hat und es kein kollektives Wissen aus den so genannten Leitmedien gibt?
 
EVA SPREITZHOFER:
Wir hatten früher Information nicht so schnell zur Verfügung und waren deshalb davor gefeit zu meinen, alles zu wissen. Es brauchte mehr Zeit, sich Informationen zu beschaffen; andererseits gab es Leute, die gar keine Information zu Verfügung hatten. Ich würde daher nicht sagen, dass es früher besser war. Es war anders. Wir müssen darauf achten zu schauen, wer Interesse hat, dass es so ist, wie es gerade ist. Dass Russland an vielen demokratiezerstörenden Diskussionen Interesse hat, ist bekannt. Unser kapitalistisches System ist so aufgebaut, dass Menschen möglichst funktionieren, wenig nachdenken und viel an das denken, was Profit macht. Wir haben viele Errungenschaften, wir können uns aber überhaupt nicht darauf verlassen, dass sie bleiben. Es gibt heute wieder Frauen in den USA, die wieder mit Kleiderhaken versuchen, sich einen Embryo aus dem Leib zu holen. Das ist unfassbar. Andererseits verfügen Männer nicht mehr so uneingeschränkt über Privilegien wie früher und Frauen haben sich in bestimmten Gebieten Macht erobert, die sie so schnell nicht mehr aufgeben werden.
 
 
Gab es ein Thema, das Sie besonders beschäftigt, irritiert, herausgefordert hat?
 
EVA SPREITZHOFER:
Was mich nachhaltig irritiert, ist der Umstand, dass die Pandemie so viel mit uns gemacht hat und dass es wenig Interesse seitens der Fernsehsender gibt, sich damit auseinanderzusetzen. Es ist fast so wie nach dem Zweiten Weltkrieg, wo es auch die Haltung gab, Tun wir einfach so, als hätte es das alles nie gegeben. Es soll möglichst keine Filme geben, wo Corona vorkommt und schon gar nicht in der Kombination mit der politisch rechten Szene. Es soll im fiktionalen Bereich dazu keine Aufarbeitung geben. WIE KOMMEN WIR DA WIEDER RAUS? ist ein Zeitdokument und das finde ich großartig.
 
 
Wie kann man sich die Dreharbeiten vorstellen, die außer den Szenen im Krankenhaus und mit Nina, die ihre Storys outdoor postet, – fast einer Theaterbühne gleich – in Küche und Wohnzimmer einer Wiener Altbauwohnung spielen? Was hat es bedeutet, ein so großes Ensemble zu dirigieren?
 
EVA SPREITZHOFER:
Wir haben in derselben Wohnung gedreht wie in Womit haben wir das verdient? Das war ein Riesenglück. Es war wie Nachhause-Kommen. Wir konnten uns auf bekanntem Terrain bewegen. Das war schön. Große Teile des Teams haben wieder mitgearbeitet, besonders wichtig waren die Ausstatter:innen Kathrin Huber und Gerhard Dohr. Wir hatten diesmal die Situation, dass wir day for night gedreht haben. Es gab vor dem Fenster einen Holzverbau, den man nicht abnehmen konnte; dahinter befand sich ein Prospekt, der die andere Straßenseite abgebildet hat. Auch wenn man das Fenster öffnete, entstand der Eindruck, dass es draußen finster ist. Es war von früh bis spät gefühlt Nacht und das macht etwas mit einem. Wir waren 40 Leute Team und zwölf Darsteller:innen und zwar fast immer alle gemeinsam. 50 bis 60 Leute auf 180 m2 ist eine schwierige Situation und erfordert sehr hohe Konzentration. Wir hatten immer wieder ein Kind am Set, wenig Zeit und es gab immer noch Corona … Es war wirklich eine Challenge. Mein gesamtes Produktionsteam, mein Ausstattungsteam und ich selbst sind in der Vorbereitungszeit an Corona erkrankt und zwar ziemlich heftig. Dadurch ist viel Zeit verloren gegangen. Es war ein sehr anstrengender Dreh, andererseits war es auch sehr, sehr lustig. Mein Motto lautet Drehzeit ist Lebenszeit und ich suche mir die Leute auch danach aus. Konflikte mit Leuten, mit denen man gerne zusammenarbeitet und die man schätzt, mit denen man lachen kann, sind besser beizulegen. Es muss eine gute Grundlage und großes Vertrauen geben, damit die Momente, wo man denkt, man hält einander nicht aus, halt Momente bleiben.
 
 
Was bedeutet es, Komödie wenig über dramaturgische Mittel, sondern wie Sie es in WIE KOMMEN WIR DA WIEDER RAUS? tun, mit einem starken Fokus auf Sprache und Dialog zu erzählen? Wie entsteht bei Ihnen in einer Komödie, die vor allem auf Wortwitz basiert, der letzte Schliff?
 
EVA SPREITZHOFER:
Bei Womit haben wir das verdient? gab es durch die Szenen, in denen Caroline Peters und Simon Schwarz sich mit dem Niqab verkleidet haben, um nicht entdeckt zu werden, natürlich viel mehr Slapstick. Bei einem Kammerspiel wie WIE KOMMEN WIR DA WIEDER RAUS? geht es stark um Dialoge. Ich höre den Leuten beim Recherchieren sehr genau zu und übernehme auch Ausdrücke von ihnen. Und ich frage alle Gesprächspartner:innen nach lustigen Situationen zu diesen Themen, dann kommen oft sehr skurrile Beispiele. Das Leben ist so viel lustiger als alles, was man sich ausdenken kann. Das verwende ich dann. Nicht eins zu eins, aber als Vorlage. Darüber hinaus improvisiere ich mit den Schauspieler:innen und schreibe da auch mit. Dann tausche ich Dinge aus. Also, wenn eine Konstellation lustig ist, heißt es nicht, dass genau diese zwei Darsteller:innen das dann auch im Film so sagen werden. Oft inspirieren mich komische Situation für etwas anderes, manchmal gehen ganz konkrete Dinge, die bei den Improvisationen entstehen, direkt ins Drehbuch ein. Grundsätzlich ist es aber auch sehr wichtig, dass es nicht zuviel Freiraum beim Drehen selbst gibt, weil es bei so vielen Personen und Komödiant:innen sonst leicht zerfällt. Das zu kanalisieren, war auch eine Challenge für mich als Regisseurin. Schauspieler:innen sind ja sehr unterschiedlich: Michael Ostrowski liebt es zu improvisieren, Caroline Peters hingegen, die vom Theater kommt und gewohnt ist, mehr Zeit für Proben zu haben und im Vorfeld eine Szene zur Brillanz zu bringen, mag Improvisation überhaupt nicht. Damit muss man auch umgehen. Es ist wichtig, beim Regieführen, einen Ausgleich herzustellen und psychologische Momente unter den Schauspieler:innen wahrzunehmen, manchmal auch mehr zuzulassen, das möglicherweise im Schnitt wieder herausfällt.
 
 
Sie haben bereits erwähnt, Sie sehen den Film als Zeitdokument. Man fragt bei Filmen manchmal, ob sie gut gealtert sind. Hier stellt sich die umgekehrte Frage. Was an Witzen, Gags und Anspielungen in WIE KOMMEN WIR DA WIEDER RAUS? hätten wir 2010 verstanden? Den Großteil wohl nicht?
 
EVA SPREITZHOFER
: Absolut. Wir hätten uns wohl nie gedacht, dass das alles passieren kann. Das Interessante ist, dass eher die jungen Leute diesen Film als Zeitdokument sehen. Die Älteren haben sich mehr Sorgen gemacht, ob ein Film, in dem man Menschen sieht, die FFP2-Masken tragen, nicht die Leute verschreckt. Für die jungen Leute ist das ihr Leben. Jahre ihres Lebens haben so ausgesehen: Warum sollen sie sich das nicht im Kino anschauen?
 
 
Der Film ist bereits in den österreichischen Kinos gestartet. Wie hat das Publikum reagiert?
 
EVA SPREITZHOFER:
Es war ein wirklich großer Erfolg und es hat richtig Spaß gemacht, mit dem Film unterwegs zu sein. Die Menschen waren total froh, über all diese Themen einmal so richtig lachen zu können. Und ich wollte mit diesem Film wie auch mit Womit haben wir das verdient? unbedingt erreichen, dass alle Leute im Kino sitzen und über sich und über die anderen lachen können, egal, auch wenn sie zu manchen Themen durchaus unterschiedlicher Meinung sind. Nachher kann man eh wieder weiterstreiten. Aber immerhin hat man kurz vorher miteinander gelacht. Genau das habe ich bei den Screenings erlebt.
 
 
Wie sehen Sie die aktuelle Lage: Kommen wir da wieder raus?
 
EVA SPREITZHOFER:
Ich habe zwei Töchter, daher werde ich bis zu meinem letzten Atemzug dafür kämpfen, dass wir da wieder rauskommen. Und ich bin überzeugt davon, dass es möglich ist. Es hat aber natürlich schon damit zu tun, wie sehr wir alle verstehen, wie konkret bedroht die Welt ist – was das Klima betrifft und was die Demokratie betrifft. Wenn wir da nicht alle echt was tun, dann haben wir in ein paar Jahren keine Möglichkeit mehr, einen Film darüber zu machen, dass in Österreich die Rechtsradikalen regieren und in Deutschland auch. Weil das dann vielleicht die Realität ist, aber solche Filme dann nicht mehr möglich sind.


Interview: Karin Schiefer
April 2024






«Mir schien ein Weihnachtsabend eine gute Gelegenheit, ein komödiantisches Brennglas auf die Welt zu halten und eine gute Möglichkeit, im Kleinen zu erzählen, was im Großen los ist.»